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Es herrscht große Aufregung, weil Olaf Scholz seine Amtszeit künstlich zu verlängern versuchte — viel schlimmer ist jedoch, dass die realistischen Machtalternativen dürftig ausfallen.
Ein Standpunkt von Roland Rottenfußer.
Da macht Olaf Scholz nach mehr als drei Jahren Politik-Murks einmal etwas richtig — nämlich die Ankündigung, mittels der Vertrauensfrage Neuwahlen herbeizuführen. Und dann versaut er alles, indem er den Ablauf verzögert. Was ist er jetzt in seinen letzten drei oder vier Amtsmonaten? Der Begriff „Lame Duck“ wäre eine Beleidigung für eine liebenswerte Wasservogel-Spezies. Dabei ist es nicht das Schlimmste, dass dieses böse Spiel jetzt noch in die Verlängerung geht; schlimmer ist, dass nicht unbedingt etwas Besseres nachkommt. Dem Kriegsgott jedenfalls ist es letztlich egal, wer unter ihm regiert — Friedrich Merz oder Boris Pistorius sind ihm auch recht. Ähnlich verhält es sich mit dem Großkapital. Es weiß, dass seine Interessen bei allen infrage kommenden Kandidaten gut aufgehoben sind. „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ heißt es in einem Schlager von Jürgen Marcus. Man könnte das mit Blick auf die politische Lage so variieren: „Eine neue Regierung ist eine neue Katastrophe.“ Aber auch eine neue Chance, könnte man hinzufügen. Größere Teile der Bevölkerung könnten endlich aus Schaden klug werden und damit beginnen, dieses Herrschaftssystem als Ganzes infrage zu stellen, anstatt sich damit zu begnügen, dass dieses aller Voraussicht nach bald die Farbe wechseln wird.
Wie reagiert man, wenn ein künftiger Altkanzler den Raum betritt, jemand, den man im historischen Rückblick vielleicht als den SchleKaZ — den schlechtesten Kanzler aller Zeiten — betrachten wird? Die Antwort der versammelten Runde in der SPD-Fraktion nach dem Ampel-Aus war: ohrenbetäubender Jubel. Die Scholz-Domestiken kriegten sich gar nicht mehr ein vor lauter Begeisterung. Dabei hatte ihr Frontmann nicht nur nach Ansicht seiner zahllosen Kritiker verspielt — auf seine Anhänger warten im neuen Jahr vielleicht Opposition und sicher ein großer Bedeutungsverlust. Das groteske Schauspiel erinnerte eher an Jubelorgien nordkoreanischer Machart als an eine angemessen demütige Reaktion auf ein großes Scheitern im Rahmen des hartnäckig „unsere Demokratie“ genannten Staatswesens.
Scholz hatte am Mittwoch, dem 6. November 2024, seinen langjährigen Weggefährten Christian Lindner auf rüde Art abgekanzelt, wie es unter „seriösen“ Politikern äußerst selten vorkommt, erst recht unter Menschen mit eher gedämpftem Temperament. Der Grund für das Donnerwetter schien auf der Hand zu liegen: Scholz brauchte einen Sündenbock für ein Scheiten, das nicht eine, sondern drei Parteien zu verantworten hatten — am meisten er selbst. Er wollte sich in Stellung bringen für einen Wahlkampf, der von jenem Tag an auch ein Wahlkampf gegen FDP und Grüne sein würde. „Vertrauensbrecher“ (Scholz über Lindner) prallte auf „matte, uninspirierte“ Politik (Lindner über Scholz). Alle Vorwürfe, die erhoben wurden, mochten zutreffen. Wir langjährigen Kritiker können uns nun durch die Protagonisten des Desasters selbst in unserem Urteil bestätigt fühlen. Nur kommt das alles viel zu spät — nachdem das Land an den Rand des Abgrunds geführt wurde —, und nie zeigt sich der Redner fähig zur Selbstkritik…
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