Die Verwirrung in den Köpfen der Washingtoner Machtelite ist nicht verwunderlich.
Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Weil die US-Führungseliten sich weigern, die Ursachen der fundamentalen Verschiebung der globalen Kräfte zuungunsten des Westens wahrzunehmen, verstehen sie auch nicht, warum sie die Veränderungen nicht nach ihrem Willen steuern können, erklärte jüngst der international geschätzte Ökonom, Professor Richard Wolff.(1) Um dennoch ihre vermeintlichen Feinde abzuschrecken, fuchteln sie zunehmend nur noch symbolisch aber dafür unkontrolliert in der Luft herum, denn inzwischen mangelt es Washington auch an der materiellen Basis, um sich durchzusetzen.
Zum besseren Verständnis der Situation schlägt der Professor in einem Gespräch auf der YouTube-Seite „Dialogue Works“(2) vor, sich in die Denkweise von Leuten wie US-Außenminister Antony Blinken, Präsident Joe Bidens Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan oder anderen Top-Entscheidern in Washington zu versetzen, die z. B. entsetzt feststellen müssen, dass die Rolle des US-Präsidenten für den Großteil der Welt „nicht mehr besonders relevant ist“. Die Beispiele dafür reichen in der Tat von den Huthis im Jemen über Afghanistan und Saudi-Arabien bis zu den BRICS-Ländern und -Anwärtern. Der erhobene Fingerzeig aus Washington wird immer weniger befolgt, bzw. zunehmend ignoriert.
Die aktuelle US-Machtelite wuchs in den Vereinigten Staaten zu einer Zeit auf, in der die USA den größten Teil der Welt dominierte und dabei die alten Kolonialmächte in Europa – Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und einige andere wie die Niederlande – fest als Vasallen an seiner Seite wusste. Der einzige Feind der USA war ein Land, das sie nicht unterwerfen konnten, nämlich Russland, ab 1917 dann die Sowjetunion und ab 1991 wieder Russland.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die USA noch dominanter. Wenn sie sich Sorgen wegen der Sowjetunion machten, dann war das weniger eine politische oder wirtschaftliche, sondern hauptsächlich eine militärische Herausforderung. Die wurde jedoch durch die Politik der Eindämmung unter Kontrolle gehalten, die mit George Kennan, dem Vater des Kalten Kriegs, in den 1950er-Jahren begonnen hatte und für den größten Teil der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestehen blieb. Zugleich wuchs die Dominanz der USA in allen Bereichen weiter. Selbst die wirtschaftliche Revolution in China, die in den 1980er-Jahren begann, schien aus Washingtoner Sicht die US-Dominanz im Indopazifik nicht zu schmälern.
Allerdings gab es auch schon damals einige besorgniserregende Entwicklungen wie den verlorenen Krieg in Vietnam. Dies war ein Schock, der die Machtelite in Washington beunruhigte, weshalb sie ihr Militär noch stärker aufbaute…
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Bildquelle: Gannvector / Shutterstock.com
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