Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Man muss die verschiedenen Szenarien der Weltpolitik zu einem Puzzle zusammenfügen, um zu erkennen, welche Gefahr sich derzeit zusammenbraut. Zunächst mag man sich fragen, warum der Internationale Strafgerichtshof zwar einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt hat, aber auch Monate nach den unvorstellbaren Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza durch Israel, keinen gegen Netanjahu. Dann ist da der Abschuss eines russischen Transportflugzeuges mit ukrainischen Kriegsgefangenen über dem Gebiet der Russischen Föderation mit vom Westen gelieferten Patriot-Raketen und wahrscheinlich der Hilfe westlicher „Berater“. Da ist die Bombardierung Israels von Hisbollah-Stellungen im Libanon, von Zielen in Syrien und im Irak, und die Bombardierung des Jemens durch die USA, und nicht zuletzt der vermutliche Völkermord in Gaza durch Israel. Und auf der anderen Seite das Zusammenrücken von Ländern in Asien, zum Beispiel die Anerkennung Afghanistans durch China mit Erklärungen zur regionalen Sicherheitsarchitektur. Zeichen einer neuen Blockbildung und eines bevorstehenden großen Krieges, falls nicht irgendjemand die Kriegstreiber zur Ordnung ruft. Wird der große Krieg der letzte Versuch des Imperiums werden, zu verhindern, auf eine Rolle als Gleicher unter Gleichen reduziert zu werden, ein Krieg als Werkzeug, um die unmöglich zurückzahlbaren Schulden (15) im Ausland „abschreiben“ zu können?
Warum hört man wenig vom IStGH zu Gaza?
Dass der IStGH längst den Ruf hat, ein Gericht zu sein, das die Feinde des Westens aburteilen soll, um die Kriege der NATO-Länder zu rechtfertigen, dürfte bekannt sein. Aber wenige kennen die Hintergründe. Und da kommt ein Artikel von Tom Coburg gerade recht, der fragt, ob der Chefankläger des IStGH evt. kompromittiert sein könnte (1).
Er schreibt, dass, nachdem der Internationale Gerichtshof entschieden hatte, dass „glaubhaft“ ist, dass Israel zum Völkermord in Gaza aufruft, es zu erwarten war, dass der Internationale Strafgerichtshof die strafrechtliche Verfolgung der verantwortlichen Personen beschleunigen wird. Schließlich werden Israels Kriegsverbrechen und Anstiftung zum Völkermord in Gaza von unabhängigen juristischen Gruppen umfangreich dokumentiert. Aber … es gebe keine Ergebnisse, und der IStGH habe erklärt, dass seine Ermittlungen zur Lage im Staat Palästina angesichts der anhaltenden Angriffe Israels auf den Gazastreifen „noch andauern“.
So sind fast vier Monate nach dieser Erklärung im November letzten Jahres weder Haftbefehle ausgestellt noch andere Maßnahmen durch den IStGH ergriffen worden. Erst nach Beginn der Bombardierung von Rafah, erklärte Karim Khan am 12. Februar, dass sein Büro „gezwungen sei“, Ermittlungen aufzunehmen (15).
Nominierung durch Großbritannien
Khan, ist ein britischer Anwalt, war der Kandidat Großbritanniens für das Amt des IStGH-Anklägers. Als bekannt wurde, dass er der nächste IStGH-Ankläger werden sollte, kommentierte der Economist, Khans Wahl „war sicherlich ein Zeichen dafür, dass Großbritannien immer noch diplomatisches Gewicht hat“.
Nun muss man einschieben, dass Großbritannien die koloniale Hauptschuld daran trifft, dass die Situation in Palästina heute ist, wie sie ist. Denn schließlich hatte die damalige Kolonialmacht zuerst den Arabern das Land versprochen, um sie zum Kampf gegen Hitler zu bewegen, dann aber auch den Zionisten. Die dann erfolgte Teilung des Landes war eines der letzten kolonialen Verbrechen über die Köpfe der indigenen Bevölkerung hinweg. Und wie man heute daran, wie Weltgerichtsurteile ignoriert werden, wie im Fall des Chagos-Archipels (2), erkennt, hat Großbritannien seine koloniale Gesinnung noch lange nicht überwunden….
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Bildquelle: Georgy Kuryatov / shutterstock
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