China kann nicht mehr übergangen werden | Von Rüdiger Rauls

China kann nicht mehr übergangen werden | Von Rüdiger Rauls


Die umfangreiche westliche Reisediplomatie deutet auf umfangreichen Gesprächsbedarf hin. Die wirtschaftlichen Probleme des politischen Westens sind ohne Entgegenkommen Chinas nicht zu lösen und ohne dessen Hilfe kommt man offensichtlich auch keinen Schritt weiter bei der Bewältigung der weltweiten Krisen.
Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.
Westliche Werte
All das wäre ausreichend Grund, den Chinesen Honig um den Bart zu schmieren, um sie gewogen zu stimmen. Stattdessen scheint man es vorzuziehen, ihnen ans Schienbein zu treten, wo es nur geht. Das entspricht einem Denken vieler Kräfte im politischen Westen, das noch in der Kolonialzeit verhaftet ist: „Wir haben es nicht nötig, um Hilfe zu bitten. Es ist eine Auszeichnung, uns gefällig sein zu dürfen“. Ein ähnlich überhebliches Denken liegt der Vorstellung von moralischer Überlegenheit zu Grunde, die sich auf die sogenannten westlichen Werte stützt.
Doch hilft dieses Denken nicht weiter, wenn es um die Beilegung der Krisen in der Welt geht. Denn egal ob in der Ukraine oder im Nahen Osten, überall wird deutlich, dass man ohne die Hilfe Chinas nicht mehr auskommt. Aber statt es sich einzugestehen, stellt man überrascht, ja sogar empört fest: Den „Bitten westlicher Staatschefs zu Chinas Russland Politik … ist Peking nicht gefolgt. … von seiner strategischen Partnerschaft mit Putin rückt Xi nicht ab“(1). Aber klüger wird man anscheinend aus diesen Feststellungen nicht.
Unbelegte Behauptungen und „Vorwürfe des Westens, dass Russland aus China Hilfe für seinen Krieg bekommt“(2), sollen vergessen machen, dass die größten Mengen an Geld und Waffen aus dem politischen Westen nach Kiew fließen. Egal wie man zu diesem Krieg steht, so ist doch eine Haltung weltfremd, dass nur eine Seite berechtigt ist, die eigenen Favoriten zu unterstützen. Moralische Empörung darüber, dass die Gegenseite genau so handelt wie man selbst, führt nicht zum Ende des Konflikts.
Belehrungen westlicher Politiker wie Janet Yellen erwecken den Eindruck, dass sie den Chinesen weismachen wollen, deren Interessen besser zu kennen als jene selbst. Und sie scheinen zu glauben, dass sie diese mit hochmütigem Auftreten über die eigene Schwäche hinwegtäuschen könnten. Denn nicht nur in der Ukraine versuchen sie, die Chinesen auf ihre Seite zu ziehen. Auch im Nah-Ost-Konflikt machen sie deutlich, dass sie auf Chinas Unterstützung angewiesen sind. Nicht in der Lage, die Situation selbst zu bereinigen, hat der amerikanische Außenminister Anthony Blinken „China aufgefordert, seinen Einfluss in Teheran geltend zu machen“(3) – natürlich im Interesse der USA.
Es ist kein Wunder, dass der Westen mit einem solchen Auftreten Sympathien nicht nur in China verspielt, sondern sie auch bei den Völkern im Nahen Osten inzwischen weitgehend verloren hat. In solchen Aussagen offenbart sich eine Einstellung, die den Interessen anderer Völker und Staaten keine Bedeutung beimisst. Die Gleichgültigkeit gegenüber den Sicherheitsinteressen Russlands war es ja gerade, die in den Krieg in der Ukraine hineinführte, und ähnlich ist es bei den Interessen der Palästinenser…
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Bildquelle: Popel Arseniy / shutterstock
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